Vielfalt auf heimischen Streuobstwiesen

Kennen Sie die Ökologische Forschungsstation in Schlüchtern? Der Main-Kinzig-Kreis ist für vieles bekannt. Unter anderem für seine Streuobstwiesen, die sich durch das gesamte Kreisgebiet ziehen. Und zu diesen zählen auch die bewirtschafteten Flächen in Schlüchtern, auf denen seit über 50 Jahren wertvolle Forschungsarbeit geleistet wird.

Einzigartig in ganz Europa

Denn in Schlüchtern gibt es zwei Birnensorten, die es europaweit nur hier im Main-Kinzig-Kreis gibt, wie Untersuchungen und Beprobungen ergeben haben. Diese seltenen Arten werden auf den Streuobstwiesen nun gezielt gepflanzt, um die Bestände zu vermehren und so die einzigartigen Birnensorten zu erhalten.

Im Interview mit Dr. Karl-Heinz Schmidt (Leiter der Ökologischen Forschungsstation Schlüchtern) und Jan Rüffer (Vereinsmitglied der Ökologischen Forschungsstation) erfahren wir noch viel mehr über die Relevanz der Streuobstwiesen für den Main-Kinzig-Kreis.

Apfelgenuss auf für Allergiker

Äpfel sind gesund. Jedenfalls für die meisten von uns. Denn: Der Biss in einen Apfel beschert Allergikern Rötungen und Schwellungen. Untersuchungen der Charité in Berlin und des BUND Lemgo haben ergeben, dass es Apfelsorten gibt, die auch für Allergiker geeignet sind. In den Beständen der Ökologischen Forschungsstation werden solche alten Apfelsorten schon seit Jahren kultiviert.

Der Grund dafür ist eigentlich ganz einfach: In den neuen Apfelsorten sind Kreuzungen mit der Sorte Golden Delicious enthalten. Diese beinhalten einen hohen Anteil an Allergenen, der sich infolge der Züchtung ergeben hat.

Große Vielfalt an Obstsorten ist wichtig

Insgesamt findet man mehr als 350 verschiedene Sorten auf den rund 250.000 Quadratmetern Streuobstwiesen rund um Schlüchtern. Neben Äpfeln gehört weiteres Stein-, Kern- und Wildobst wie Birne, Pflaume, Zwetschge, Walnuss oder Mirabelle zu den rund 3.000 Bäumen.

Jan Rüffer erklärt: „Die Vielfalt der Obstsorten ist wichtig. Denn der Erntegrad ist in jedem Jahr unterschiedlich und hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. So war beispielsweise die Apfelernte 2021 sehr gut, während 2022 hingegen die Steinobsternte reichlich ausfiel.“

Das geerntete Obst wird entsprechend weiterverarbeitet und die Ökologische Forschungsstation baut aktuell eine Vermarktung von sortenreinen Säften, Brotaufstrichen, getrockneten Früchten sowie Walnussöl auf.

Die alten Sorten sollen erhalten werden

„Unser größtes Ziel: Wir möchten vor allem die alten Sorten erhalten. Daher setzen wir rund 15 bis 25 neue Bäume pro Jahr. Die Bäume werden etwa 80 bis 90 Jahre alt, wobei der aktuelle Durchschnitt ein Alter von 15 bis 35 Jahren aufweist“, erklärt Dr. Karl-Heinz Schmidt.

Denn in diesem Zeitraum hat er die ersten Flächen erworben und diese seitdem zu Streuobstwiesen aufgebaut.

„Die Streuobstwiesen sollen für die Zukunft fit gemacht werden. Dies geschieht, indem klimaangepasste Sorten ergänzend gepflanzt werden. Sorten, die absterben, weil sie beispielsweise mit den Temperaturen nicht zurechtkommen, werden durch Sorten ersetzt, die angepasst sind. Wir bewegen uns hier in einem sehr spannenden Feld, da wir Bäume pflanzen, die die nächsten 80 bis 100 Jahre überdauern“, so Jan Rüffer.

Bis zu 5.000 Tierarten leben auf den Streuobstwiesen

Damit die Streuobstwiesen ertragreich sind und die bis zu 5.000 Tierarten dort leben können, braucht es natürliche Helfer, z. B. zur Schädlingsbekämpfung. So werden seit mehr als 50 Jahren Nistkästen – etwa von Meisen, die als Helfer gegen Raupen gute Arbeit leisten – ganzjährig untersucht und lückenlos dokumentiert. „Uns geht es neben der Vogelwelt auch um andere Tierarten wie Mäuse oder Siebenschläfer.“ Deren langjährige Dokumentation ist in Europa ebenfalls einmalig und Dr. Karl-Heinz Schmidt hat in über fünf Jahrzehnten mehr als 30 Millionen Einzeldaten sammeln können.

Unter www.forschung-oefs.de können Sie mehr über das Thema erfahren.