Die älteste Erinnerung von Elias Wagner ist die an eine Flugplatzkerb in Gelnhausen. Drei Jahre war er da alt. Und weil die Platzrunde viele Flieger über das Haus seiner Familie führte, gab es für ihn schon in jungen Jahren immer viel zu sehen.
„Ich fand das einfach großartig und habe fasziniert nach oben geschaut, wenn einer vorbeiflog“, erinnert sich der heute 25-Jährige.
Sein Vater konnte ihm einige Flugzeugtypen nennen, aber längst nicht alle. Das reichte dem kleinen Träumer natürlich nicht, und so verbrachte er so viel Zeit wie möglich am Flugplatz in Gelnhausen, sprach mit den Piloten und wurde hin und wieder eingeladen, mitzufliegen. Seine Eltern hatten nichts dagegen – zum Glück, wie Elias Wagner zugibt. Nur als er seinen Segelflugschein mit 14 machen wollte, gab es ein Veto von ihnen: „Sie meinten, dass ich mich dann zu sehr mit dem Fliegen beschäftigen und die Schule vernachläs-sigen würde. Wenn ich heute so zurückdenke, hätten sie damit wahrscheinlich recht gehabt“, lacht der Lehrer. Also wartete er noch drei Jahre und machte dann seinen Motorflugschein.
Heute ist der begeisterte Flieger da angekommen, wo er als Kind immer hinwollte. Bei der Flugplatzkerb in Gelnhausen, die in diesem Jahr wegen der anhaltenden Corona-Gefahr leider ausfällt, moderiert er das ganze Wochenende und weiß zu jedem der dort vertretenen Flugzeuge eine kleine Geschichte zu erzählen. Wie zum Beispiel die einer Fluchtmaschine aus der DDR samt Einschuss löchern, die an die riskante Aktion erinnern. Ihn selbst hat die Faszination für die Maschine, mit der er als kleiner Junge zum ersten Mal mitgeflogen ist, nie losgelassen. Heute fliegt er dasselbe Modell, eine Dornier DO-27. Mit diesem Flugzeug machte schon der be-rühmte Tierfilmer Bernhard Grzimek faszinierende Aufnahmen der afrikanischen Serengeti-Steppe. Ein echter Klassiker also. Anders als bei Autos gelten Flugzeuge allerdings erst ab einem Alter von 50 Jahren als Oldtimer. Und davon gibt es beim Aeroclub Gelnhausen einige, wie Elias Wagner weiß:
„Von Doppeldeckern bis zu den ersten Nachkriegsflugzeugen gibt es bei uns eine Menge zu sehen. Gelnhausen ist sozusagen ein Eldorado für Klassiker.“
Und diese alten Flieger gehören zu seinen absoluten Favoriten. „Sie steuern sich direkter, auch wenn sie viel mehr Pflege brauchen. Im Prinzip ist das wie mit alten Autos auch“, erklärt der gebürtige Frankfurter. Das sorgt für eine recht persönliche Beziehung, weswegen er seine DO-27 gerne liebevoll Doro nennt. Und auch mal mit ihr schimpft, wenn sie bei Reparatur arbeiten zu sehr an ihren Schrauben und Muttern hängt. „Aber jede Flugminute macht das wieder wett“, strahlt Elias Wagner.
Aus dem Cockpit schießt der Hobbypilot auch gerne mal ein paar Bilder, die er sich bei schlechtem Wetter außerhalb der gängigen Flugsaison von Mai bis Oktober daheim anschaut. Und manchmal begleitet ihn auf seinen Runden über der Region ein Fotograf vom Hanauer Anzeiger, um gute Bilder von Bauprojekten oder anderen spannenden Sehenswürdigkeiten aus dem MKK zu machen. Aber auch andere Gäste hat er schon in seinem Flugzeug mitgenommen: ein junges Pärchen zum Beispiel, bei dem der Mann seiner Herzdame einen Heiratsantrag in der Luft machte. Oder einen todkranken Krebs patienten, dessen letzter Wunsch es war, einmal über sein Haus zu fliegen.
Elias Wagner ist es wichtig, sein Hobby so zugänglich wie möglich zu machen. Dieselbe Offenheit und Herzlichkeit, die ihm schon als kleiner Junge widerfuhr, will er heute an alle anderen Interessierten weitergeben. Das gehört zum Selbstverständnis des Aeroclubs Gelnhausen, wie er erklärt: „Das ist schon ein teures Hobby, keine Frage. Aber wir sind kein exklusiver Zirkel von versnobten Großverdienern, wie ein Vorurteil lautet. Sondern wir sind offen für alle Interessierten und möchten so vielen Menschen wie möglich einen Zugang zur Fliegerei ermöglichen.“ Das spiegelt sich auch in der Organisation des Vereins mit rund 530 Mitgliedern aller Altersschichten wider. Hier sind Handwerker und Rentner genauso wie Akademiker vertreten.
Auch Schüler und Studenten gehen schon in die Luft: Ab 14 kann jeder den Segelflugschein machen und dann abheben.„Lange vor dem Auto-Führerschein“, betont Elias Wagner. Und er ergänzt: „Ich würde mir wünschen, dass mehr Eltern ihre Kinder zum Flugplatz schicken würden. Hier lernt man Verantwortung und wie man mit Menschen in einer Gruppe umgeht.“
Angst vor großen Unfällen müsse man nicht haben. Das bedeutet aber nicht, dass man leichtsinnig sein könne. Im Gegenteil: „Man muss schon sehr konzentriert sein. Alle Handgriffe müssen sitzen, aber es darf trotzdem nie Routine werden, weder beim Check der Maschine am Boden noch in der Luft.“ Der junge Pilot möchte schließlich noch mindestens so lange fliegen wie sein Fliegerkamerad und Vorbild Walter Eichhorn. Der steigt mit 84 Jahren noch ins Cockpit und ist, ebenso wie Elias Wagner, kein bisschen abgehoben.