Projekt Sultan – Auszeit mit Tieren

Es hört sich an wie eine TV-Story, wenn Beate Edelmann und Daniela Stähr davon erzählen, wie es zum „Projekt Sultan“ kam. Nach einer Lama-Tour waren beide so begeistert von den Tieren, dass sie kurzerhand beschlossen, sich selbst Lamas zu kaufen. Klingt blauäugig? Ja. Denn das war es auch, wie beide heute wissen und offen zugeben.

Doch nach mehr als 15 Jahren bereuen sie diese Entscheidung nicht. Im Gegenteil. Die beiden sind absolute Expertinnen. Das merkt man direkt und die Tiere sind ihr Leben. Es ist beeindruckend, über welchen Wissensschatz die beiden Therapeutinnen verfügen und wie sie diesen an ihre Gäste weitergeben.

„Hier kann jeder sein wie er ist. Mensch wie Tier. Jeder kann seinen Beitrag in seinem Maß leisten“, betont Daniela Stähr.

Und dass dies nicht nur Worte sind, merkt man sofort im Umgang mit ihren Tieren. Was mit fünf Lamas begann, ist bis heute auf 85 Tiere angewachsen – und wird sich in den nächsten Monaten noch merklich ausweiten.

Neben den Lamas gibt es Alpakas, Esel und Kamele auf den Weideflächen in und um Gründau-Breitenborn. Während die Lamas und Alpakas als Fluchttiere Wert auf Abstand legen (eine Armlänge circa), um sich wohlzufühlen, freuen sich die Esel und Kamele über viel Nähe. Beate Edelmann und Daniela Stähr legen bei der Begegnung der Tiere mit den Menschen immer viel Wert darauf, dass die Individualität und die Bedürfnisse jeder und jedes Einzelnen berücksichtigt werden.

Tiergestützte Fördermaß- nahmen und Interventionen

Die Liebe zu den Tieren und den Menschen miteinander zu verbinden, macht beide nach wie vor glücklich. Damit leben sie ihren Traum. Beide sind studierte Pädagoginnen und gemeinsam mit den Tieren bieten sie tiergestützte Fördermaßnahmen und Interventionen an. Die studierte Sozialpädagogin und die Sportpädagogin arbeiten montags bis freitags individuell mit Hilfe der Tiere therapeutisch mit Menschen mit Suchterkrankungen, Alzheimer, Autismus oder anderen psychischen Erkrankungen. Auch Kinder erhalten hier individuelle Förderung. Unter anderem, weil vor allem jüngere Kinder nach der Corona-Isolation Probleme mit Nähe haben.

Die Förderansätze und Vorgehensweisen sind dabei ganz unterschiedlich und so individuell wie die Krankheitsbilder der Menschen. Ebenso individuell werden auch die Tiere ausgewählt. Nicht jedes Tier eignet sich für jeden Einsatz oder etwa für die Wanderungen. Und nicht jedes Tier passt zu jedem Menschen. Beate Edelmann und Daniela Stähr haben daher ein sehr feines Gespür entwickelt, welches Tier zu welchem Menschen passt bzw. an welcher Stelle gezielte Zuteilungen erforderlich sind und an welcher nicht.

Lamawanderungen für Jung und Alt

So auch bei den Wanderungen. An ausgewählten Wochenenden finden diese in Kleingruppen (sechs bis zwölf Personen) mit den Lamas statt. Die Einnahmen werden auch dafür genutzt, Menschen Therapieplätze zu ermöglichen, die dafür keine Förderung erhalten. „Eine Feier von ca. 30 Personen macht es möglich, einen Platz für einen Alzheimerpatienten ein Jahr lang zu finanzieren“, erklärt Daniela Stähr.

Kuscheln baut Stress ab und trägt zur Genesung bei

Betrachtet man den Arbeitsaufwand, den beide investieren, um diesen Traum zu leben, fragt man sich, woher die Kraft dafür kommt, an sieben Tagen die Woche jeweils rund 15 Stunden zu arbeiten.

„Die Tiere geben uns die Kraft. Wir nehmen uns selbst auch die Auszeit, um alleine mit unseren Kamelen und Eseln zusammen zu sein. Aus eigener Erfahrung wissen wir, wie hilfreich das in schweren Zeiten ist.“

Nicht ohne Grund hat das „Projekt Sultan“ diesen Namen erhalten: Es wurde nach dem ersten Kamel der beiden benannt, das Daniela Stähr durch eine lange und schwere Krankheit begleitet hat und kurz nach ihrer Genesung verstorben ist.

Erweiterung geplant!

Ab dem Winter werden rund 130 weitere Tiere auf dem Begegnungshof ihre neue Heimat finden. Der bayrische „Kaindlhof“, ebenso wie Projekt Sultan zertifizierter Begegnungshof der Stiftung Bündnis Mensch & Tier, zieht nach Breitenborn. In Form einer gemeinnützigen GmbH wird man in Zukunft gemeinsame Wege gehen. Unter den neuen Tieren sind auch Tierarten, die nicht nur selten, sondern sogar bedroht sind, auf der roten Liste stehen und auf einem neu gestalteten beschilderten Wanderweg zu sehen sein werden. Eine Bereicherung für unsere gesamte Region.

Das Projekt Sultan

Informationen und Angebote unter: https://projekt-sultan.de/