Meerfarbig

Warum ein Showtechniker aus Jossgrund für Fotos abtaucht.

Wo anderen Urlaubern ein Schnappschuss mit dem Smartphone genügt, taucht Bernd Schreiber auf  Motivsuche gerne mal ab. Und zwar durchaus im wörtlichen Sinne.

Der naturverbundene Hesse hat sich auf Unterwasserfotografie spezialisiert und taucht dazu in Riffen rund um die Welt.

Er hat sogar in Kooperation mit einem bayerischen Optik-Unternehmen ein eigenes  experimentelles Objektiv für Unterwasseraufnahmen von Kleinstlebewesen entwickelt. „Das hat vor mir einfach noch niemand ausprobiert, also gab es dafür keine Lösung von der Stange“, erklärt Bernd Schreiber. Das Ergebnis: spektakuläre Aufnahmen in schillernden Farben von Lebewesen, von denen manche nicht von dieser Welt zu sein scheinen. „Man könnte manchmal denken, der liebe Gott habe
LSD genommen“, scherzt er. Doch so einzigartig seine Bilder sind, so groß ist auch sein Aufwand. „Für so ein Foto braucht man vor allem viel Geduld und auch eine Portion Glück“, berichtet der studierte  Elektrotechniker. Wenn er auf Tauchgang geht, verharrt er zunächst für eine Viertelstunde im Wasser, schwebt zwischen den Korallen im Riff und signalisiert damit den Fischen um sich herum, dass er keine Bedrohung für sie ist. Seine oberste Maxime: beobachten, abwarten und die Tiere kommen lassen. Um die geeigneten Stellen für gute Aufnahmen auszumachen, liest er sich im Vorfeld meeresbiologisches Wissen über die Vorgänge unter Wasser an und weiß, welche Lebewesen wo zu finden sind und wie sie miteinander interagieren.

Doch selbst wenn man weiß, wo man suchen muss: Einfach draufhalten und auf den Auslöser drücken funktioniert nicht. Je tiefer es hinabgeht, desto stärker ist er auf künstliches Licht angewiesen. Zudem muss er beim Fotografieren auf Schwebeteilchen im Wasser achten, die das Blitzlicht reflektieren und die Aufnahme unbrauchbar machen können. Der selbstständige Unternehmer profitiert bei seinen Tauchgängen enorm von seinem Wissen aus der Show- und Bühnentechnik und weiß, wie er die Meeresbewohner in Szene setzen muss, damit sie gut rüberkommen. Das klappt nicht immer, denn so manche Tiefsee-Diva entzieht sich dem neugierigen Blick des Naturfreunds. „Das nehme ich in Kauf, ich zerstöre jedenfalls nichts und ich bedränge die Tiere auch nicht“, betont Bernd Schreiber. Sein Handwerk hat er in Seminaren von berühmten Profifotografen verfeinert, darunter Kurt Amsler, der schon Meeresforscher und Dokumentarfilmer Hans Hass bei dessen Tauchgängen begleitete, und Tobias Hauser, der eindrucksvolle Bilder für das Magazin National Geographic schießt. Auf seine Tauchgänge in fernen Ländern bereitet Bernd Schreiber sich jedoch mit einer ganz eigenen Methode vor: im Schwimmbad Gelnhausen. Dorthin nimmt er neben seiner Fotoausrüstung ein paar Schlümpfe mit, die er unter Wasser als Übungsobjekte platziert, um mit Kamera- und Objektiveinstellungen sowie Lichtstimmungen zu experimentieren.

Das Treiben unter Wasser zu beobachten sei auch dann eindrucksvoll, wenn kein Foto gelinge. „Wer sich die Zeit nimmt, einfach nur zu beobachten, erlebt hier Natur in Perfektion. Regelrechte kleine Waschanlagen für Fische und Rochen zum Beispiel und ein komplexes, ich selbst regulierendes Ökosystem.“

Doch bei seinen Tauchgängen erlebt er immer häufiger auch die Auswirkungen der menschlichen Umweltverschmutzung.

Walhaie zum Beispiel, deren Kiemen voller Plastikteile sind, die sie aus dem Meer filtern. So ein Anblick mache ihn traurig. Umso wichtiger für ihn, auf die Schönheit dieser Tiere und ihres Lebensraums hinzuweisen, um die Menschen für deren Erhalt zu sensibilisieren. Mit diesem Ansatz präsentierte er 2015 seine erste Fotoausstellung im Main-Kinzig-Kreis – und erntete enorm positives Feedback. „Das war eine tolle Bestätigung für mich“, erinnert sich Bernd Schreiber, der zuletzt im
Sommer des vergangenen Jahres Bilder im Main-Kinzig-Forum ausstellte. Und zudem eine Inspiration, seine Leidenschaft mit seinem Beruf zu verbinden.

Im Neubau seiner Firma KS-Showtechnik in Linsengericht ist Platz für einen Ausstellungsraum der besonderen Art. Dort präsentiert er schallabsorbierende Bilder mit seinen Unterwasser- und Landschaftsmotiven. Die sehen nicht nur hervorragend
aus, sondern absorbieren den Hall beispielsweise in Konferenz- oder Wohnräumen und sorgen damit für eine angenehmere Gesprächsatmosphäre. „Silent Frame“ nennt er dieses Produkt. An Kunden seines Unternehmens verschenkt er jedes Jahr hochwertige Kalender mit einer Auswahl von Fotomotiven. „Vielleicht finde ich mal einen Verlag, über den ich die Kalender verkaufe“, erklärt der Naturfreund. Bis dahin bleiben Interessenten seine regelmäßigen Ausstellungen, um die faszinierende Unterwasserwelt von Riffen aus der ganzen Welt einmal aus seinem Blickwinkel zu sehen.

Etwa ein Dutzend Kameras hat Bernd Schreiber bislang besessen. Die erste Digitalkamera schaffte er bereits 1996 an. Bei allem Fernweh, das  den gebürtigen Jossgrunder regelmäßig packt – es zieht ihn immer wieder in den Main-Kinzig-Kreis zurück.

„Hier schaue ich aus jedem Fenster meiner Wohnung ins Grüne, freue mich über die schöne Natur und genieße die gute Nachbarschaft.

Das ist einfach meine Heimat“, erklärt er, während er sich seine nächsten Reiseziele überlegt: Westpapua und die Fidschi-Inseln stehen für 2020 auf der Liste.

Mehr Informationen zu Bernd Schreiber und seinen Unter- sowie Überwasserbildern finden Sie hier: <link www.picartoo.de>www.picartoo.de</link&gt; <link www.silentframe.de>www.silentframe.de</link&gt;